Im Folgenden werden die Besuche bei den Projekten für Frauen mit Migrationshintergrund dokumentiert:
Kidöb – Beratung und Erfahrungsaustausch
Zunächst für Arbeitsmigrantinnen aus der Türkei, die sich am Grazer Platz niederließen, gegründet, hat sich Kidöb als Beratungseinrichtung und Treffpunkt für Türkei-stämmige Frauen etabliert. Beratung findet bei ausländerrechtliche Problemen, Sozialhilfefragen wie dem Austausch mit dem Jobcenter, familiären und Erziehungsthemen sowie häuslicher Gewalt statt.
Darüber hinaus bietet Kidöb in der Rheinstraße 53/54 Deutsch- und Alphabetisierungskurse an. Auch Mütterkurse, Deutschkurse für Mütter, während die Kinder sich in der Schule oder Kita befinden, werden durchgeführt.
Einen weiteren Schwerpunkt bietet die Hausaufgabenhilfe für Mädchen an. Studentinnen und Ehrenamtliche unterstützen die Mädchen in Kleingruppen bei den Hausaufgaben. Starker Druck in der Schule machte einen Ausbau der Zielgruppe Mädchen in der 11. Klasse notwendig.
Neben den Informationsveranstaltungen im Bereich Gesundheit, Erziehung und Ernährung, gibt es diverse Freizeitangebote wie gemeinsame Theater- und Ausstellungsbesuche sowie gemeinsame Feste.
Al Nadi – Beratung für arabische Frauen
Seit 1984 bietet Al Nadi Beratung für arabisch-sprachige Frauen. Damit hat Al Nadi ein Alleinstellungsmerkmal, denn keine weitere Berliner Einrichtung hat diese Spezialisierung, so dass Frauen aus ganz Berlin die Einrichtung aufsuchen. Die Beratung wird für vieles in Anspruch genommen wie Unterstützung mit Behördenkommunikation, Hilfe mit Briefen des Jobcenters, Orientierung im Schulsystem, Beratung bei häuslicher Gewalt und bei Trennung. Besonders für den Bereich häuslicher Gewalt wird die (Sprach-) Kompetenz von Al Nadi von professionellen spezialisierten Beratungseinrichtungen in Anspruch genommen. Neben der Beratung stützt Al Nadi die Familien vor Ort. Mit dem Schülerpatenprojekt wird erreicht Sprachkompetenzen zu erlangen.
Gleichzeitig haben viele Besucherinnen von Al Nadi eine belastete Biografie und bringen Erfahrung aus Kriegs- und Krisenregionen mit. Viele können in Deutschland nicht arbeiten. Nach den Traumata aus ihrer Heimat, kommt eine gewisse Orientierungslosigkeit in der Aufnahmegesellschaft. Da es berlinweit nur eine arabisch-sprachige Therapeutin gibt, haben die Treffen bei Al Nadi einen Selbsthilfecharakter. Viele Frauen stützen sich gegenseitig und teilen ihre Erfahrung mit einander. Dabei werden sie begleitet von den einfühlsamen Sozialarbeiterinnen.
Berufsorientierung bei „Frauen auf dem Weg“: „Wie eine Lawine für mein Leben“
„Wie eine Lawine brach der Kurs auf mein Leben ein!“, berichtete Birgit. Seit 27 Jahren betreibt „Frauen auf dem Weg“ Berufsorientierungskurse für Frauen. In 3 monatigen Kursen werden Frauen, wie der ehemaligen Kursteilnehmerin Birgit, die Augen geöffnet. Auf dem Weg, bis Birgit wusste, was sie mit ihrem Leben anfangen wollte, erfuhr sie ein hohes Maß an Unterstützung.
Hauptzielgruppe von Frauen auf dem Weg sind Frauen zwischen 25 und 60 Jahren, Langzeitarbeitslose, Wiedereinsteigerinnen und Frauen, die existenzsichernde Selbstständigkeit suchen, Frauen mit Migrationshintergrund und eine hohe Zahl von Akademikerinnen, die keinen Arbeitsplatz finden. Zunächst wird den Frauen geholfen wieder Zutrauen zu fassen. Denn nach vielen Absagen im Bewerbungsverfahren, ist es wichtig Selbstbewusstsein zu gewinnen. Zudem stellt der gesellschaftliche Druck für Frauen wie er in vielen Magazinen geschaffen wird „erfolgreiche Geschäftsfrau, Mutter und Partnerin“ zu sein, eine enorme Belastung dar.
Den Kursleiterinnen ist es wichtig gegen gesellschaftliche Entwicklungen an zuarbeiten: Fachkräftemangel, mit 76% eine hohe Teilzeitrate unter den Wiedereinsteigerinnen und daraus resultierend natürlich Altersarmut unter Frauen. Ziel des Kurses ist daher unter anderem wirtschaftliche Unabhängigkeit bei den Frauen herzustellen sowie die Integration in den ersten Arbeitsmarkt zu erreichen.
Die Kursabsolventin Birgit kümmerte sich viele Jahre ausschließlich um ihre Kinder und Ehe. Die wichtigste Erkenntnis des Kurses war, so berichtete Birgit, die Entdeckung: „Es gibt auch mich!“ Mittlerweile hat Birgit Arbeit in einer sozialen Einrichtung gefunden und bildet sich fort, um in die Managementebene aufzusteigen.
Frauen auf dem Weg ist ein Projekt des Nachbarschaftsheim Schöneberg und sitzt in der Rheinstraße 54 in Friedenau.
(Foto ganz oben)