Macht mit beim Mitgliedervotum

Veröffentlicht am 06.04.2023 in Abteilung

Seit dem Start der Koalitionsverhandlungen mit der CDU diskutieren wir engagiert bei unserer Mitgliederversammlung, den Friedenauer Gesprächen und dem Vorstand über diese Option und unsere Haltung dazu. Im März-Vorstand haben wir gemeinsam beschlossen, Euch die überwiegend ablehnende Haltung zur GroKo mit unseren Argumenten noch einmal darzustellen.

Unserer Meinung nach ist eine schwarz-rote Koalition nicht das Beste für Berlin und erst recht nicht das Beste für die SPD.

Das Ergebnis der Berliner Wiederholungswahl am 12. Februar 2023 hat uns alle schwer getroffen. Zum zweiten Mal nach 2021 hat die Berliner SPD ein historisch schlechtes Wahlergebnis eingefahren, zum ersten Mal seit 1999 ist unsere Partei hinter der CDU eingelaufen und belegt nur noch knapp vor den Grünen den zweiten Platz. Dieses Ergebnis kann nicht schöngeredet werden. Es stellt eine schwere Wahlniederlage in der ganzen Stadt dar, die es zu analysieren und auszuwerten gilt, um die richtigen Schlüsse für die Zukunft und unsere Aufstellung als Berliner SPD zu ziehen.

Wir haben als SPD Friedenau einen engagierten Wahlkampf geführt, an achttausend Türen geklingelt, bei Infoständen und Frühverteilungen viele persönliche Gespräche geführt, in Diskussionsforen mit Initiativen beraten und wir waren vor Ort sehr präsent. Dank Eures Einsatzes mit Tatkraft und vielen Spenden konnten wir viel erreichen und den Landestrend in Friedenau umkehren. Wir sind dankbar und stolz auf das, was wir gemeinsam geleistet haben.

Unter diesen schwierigen Voraussetzungen ist das von Orkan bravourös verteidigte Direktmandat umso bemerkenswerter. Orkan lag mit 32,1 Prozent stolze 9,6 Prozent über dem SPD-Ergebnis. Das Stimmenplus von 2462 ist das Höchste in ganz Berlin. Davon kamen 777 Stimmen von Grün-Wähler:innen (31,6 Prozent), 715 Stimmen von Links-Wähler:innen (29 Prozent), 554 Stimmen von Wähler:innen, die sich für Klein-Parteien entschieden hatten (22,5 Prozent) und 297 Stimmen von FDP/CDU (12,1 Prozent). Wenig überraschend stammt also der Löwenanteil von Orkans Stimmenplus aus dem R2G-Lager. Im Klartext heißt das, wenn Person und Inhalte stimmen, dann kann die SPD auch Wahlen gewinnen!

Natürlich gibt es auch für eine GroKo gute Argumente. Der Gestaltungsspielraum ist bei Regierungsbeteiligung grundsätzlich größer. Aber die Erfahrungen zeigen, dass die SPD davon nicht profitieren kann. Das war auch in unseren Diskussionen eine Sorge.

Wir haben in diesen Diskussionen gute Argumente gegen eine schwarz-rote Koalition erarbeitet:

  • Die politischen Unterschiede zwischen uns und der CDU sind sehr groß. Das wurde insbesondere im Wahlkampf deutlich. Gute Arbeit, sozialer Ausgleich, bezahlbare Mieten, gesellschaftliche Vielfalt, ein sozial-gerecht gestalteter Klimaschutz sind Kernanliegen der SPD. Dafür setzen wir uns ein und deshalb machen wir Politik. Wir versprechen uns keinen gemeinsamen Weg mit der CDU zur Erreichung unserer politischen Ziele.
  • Eine Koalition mit der CDU darf nur die Ultima Ratio sein. Das Wahlergebnis macht aber andere Regierungskonstellationen möglich.
  • Das Sondierungspapier des SPD-Landesvorstandes hat die Brücken zu Linken und Grünen de facto gesprengt. Das war kein guter politischer Stil und es schadet der SPD langfristig. Wir sagen das nicht aus Sorge um andere Parteien, sondern im Sinne der Bündnisfähigkeit und politischen Verlässlichkeit unserer SPD.
  • Der ausgehandelte Koalitionsvertrag ist mit Sicherheit nicht das Beste für Berlin und es fällt schwer, Passagen zu finden, die besser sind als der bereits geltende Koalitionsvertrag von R2G. Vielmehr bleibt der Vertrag in vielen Bereichen hinter den Vereinbarungen mit Grünen und Linken zurück – und das gerade in den Bereichen, die für die Zukunft Berlins zentral sind, wie etwa der Verkehrs- und Mobilitätspolitik. Die CDU hat in den Koalitionsverhandlungen auf dem Papier viele Zugeständnisse gemacht, um wieder ins Rote Rathaus einziehen zu können. Natürlich können die Verhandlerinnen und Verhandler der SPD auch Erfolge vorweisen.
  • Wir haben wenig Hoffnung, dass die Verabredungen in einer schwarz-roten Koalition auch praktisches Regierungshandeln werden – denn der Vertrag enthält viele unverbindliche Formulierungen und die Machtzentren zur Umsetzung, die Senatskanzlei, das Finanzressort und das Justizressort sind in CDU-Hand. Damit können unsere Projekte blockiert werden und die CDU kann Erfolge stets für sich verbuchen.

Neben der Sorge, dass gute Projekte an Unverbindlichkeit und Blockademöglichkeit scheitern, lassen sich folgende Inhalte im Koalitionsvertrag als problematisch bewerten:

  • Die Durchführung der so dringend notwendigen Verwaltungsreform soll bei Kai Wegner liegen, der über keinerlei Erfahrung bei der Führung von Verwaltung verfügt. Zudem stellen wir nur einen Bezirksbürgermeister
  • Sicherheit ist für alle Berlinerinnen und Berliner ein wichtiges Thema – doch darauf mit Rückschritten wie der Einführung des sog. Staatstrojaners, Ausweitung der Videoüberwachung und diversen Verschärfungen im Polizeirecht (z.B. Verlängerung Vorbeugehaft von 2 auf 5 Tagen) zu reagieren ist nicht die Lösung
  • die Einführung des Wahlpflichtfachs Religion (entgegen dem Volksentscheid von 2009) ist reine Symbolpolitik und bedeutet erhöhten Personalbedarf an den Schulen. Dagegen fehlen aber konkrete Vorschläge gegen den Lehrkräftemangel
  • die Verschiebung der Ausbildungsumlage auf 2025 und keine Ausbildungsgarantie, wie sie unter R2G vereinbart war
  • Teilprivatisierung des Schulbaus durch öffentlich-private Partnerschaft
  • eine Abschwächung bei den Perspektiven für einen gesicherten Aufenthalt von geflüchteten Menschen

Der Blick in die Vergangenheit macht wenig Hoffnung, dass eine Koalition mit der CDU gut für Berlin und die Berliner SPD sind: Viele von uns denken an die bleiernen Jahre unter Eberhard Diepgen, dessen Privatisierungs- und Verschuldungskurs Berlin in eine Verschuldungskrise führte. Eine dysfunktionale Verwaltung und dysfunktionale öffentliche Daseinsvorsorge waren die Folge, von der sich Berlin bis heute nicht erholen konnte.

Und von der rot-schwarzen Koalition 2011-2016 blieb vor allem das schlechte Krisenmanagement in Erinnerung, als 2015 und 2016 viele Geflüchtete in Berlin Zuflucht suchten und versorgt werden mussten. Die Schlangen vor dem LaGeSo sorgten bundesweit für negative Schlagzeilen.

Liebe Genossinnen und liebe Genossen,

unser gemeinsames Ziel ist es, das verloren gegangene Vertrauen der Berliner und Berlinerinnen in die SPD zurückerobern. Der Vorstand der SPD Friedenau empfiehlt Euch deshalb, über den Koalitionsvertrag abzustimmen und ihn abzulehnen!

Wendet Euch gerne an uns oder an Orkan, der als kritischer Mitverhandler der Koalitionsvereinbarung im Stadtteilbüro für Fragen zur Verfügung steht.

Und wie die Befragung auch ausgeht - wir werden mit unserer engagierten Parteiarbeit für Friedenau und für Berlin weitermachen.

Mit solidarischen Grüßen
Euer Abteilungsvorstand

 

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